Denkmalschutz

Stellungnahme zur Abrissentscheidung des Denkmalschutzamtes

Das Denkmalschutzamt hat eine Neubewertung Elisas als Denkmal abgelehnt. Zwar räumt der Leiter des Denkmalschutzamts, Andreas Kellner, ein, hier handle es sich um einen „Grenzfall“ („Wir schützen die richtigen Gebäude„, Hamburger Abendblatt 01.12.2014, S. 7). An der einmal gefassten Entscheidung ändert das allerdings nichts. Auch um den Preis, dass sich das Amt gegenüber anerkannten Fachgremien und der Öffentlichkeit immer weiter isoliert.
Für ihre Entscheidung, Elisa den Denkmalschutz vorzuenthalten, führt das Denkmalschutzamt jeweils unterschiedliche Gründe an, u.z. bisher:

1. Wirtschaftliche Gründe:

Die Sanierungskosten wären dann so umfangreich, dass sie dem Eigentümer wirtschaftlich nicht zuzumuten wären„, wird Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, zitiert (taz 09.10.2014, S. 24).
Und nahezu gleichlautend: „Der Sanierungsbedarf der entstehen würde, wenn die Anlage unter Denkmalschutz gestellt werden würde, wäre dem Eigentümer aber nicht zuzumuten.“ (ebenfalls Herr Isermann im Hamburger Wochenblatt 37, 05.11.2014, Nr. 45, S. 1).
Nun handelt es sich bei der Frage der Wirtschaftlichkeit nicht um ein Denkmalkriterium gemäß § 4 (2) DSchG. Die vhw müsste vielmehr nach einer Unterschutzstellung nachweisen, dass eine Sanierung der Wohnanlage wirtschaftlich nicht möglich bzw. ihr als EigentümerIn nicht zuzumuten ist. Letzteres ließe sich kaum nachvollziehen, da es sich um eine der großen Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften handelt.

Durch sein Zögern verschafft das Denkmalschutzamt der VHW die notwendige Zeit, um Fakten zu schaffen, um die behauptete Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung erst nachträglich durch Zerstörungen der Wohnanlage herzustellen.

2. Fehlen von Denkmaleigenschaften:

Aus einer Stellungnahme der Kulturbehörde vor dem Hamburgischen OVG vom 31.10.2014, Az.: 2 Bs 217/14: Die Frage der Denkmalwürdigkeit sei bereits mehrfach negativ beschieden worden, „weil bei Betrachtung der gesamten Bau- und Wiederaufbauleistung […] keine Eigenschaften gesehen wurden, die eine Denkmaleigenschaft begründen (z.B. herausragende Architektur, besonders eindrückliche Wiederaufbauarchitektur) und den Komplex aus denjenigen Komplexen herausstellen könnten, die das gleiche Schicksal teilten: Bauleistung der Weimarer Zeit, Kriegszerstörung, Wiederaufbau nach 1945.
Angesichts der aufwendigen Gestaltung Elisas mit Runderkern, trapezförmigen Söllern, Zahnschnitt, gegeneinander versetzten Steinreihen, dem sog. Schumacher-Verband, sowie den originalen schmiedeeisernen Balkonen lässt sich dieses Urteil wohl kaum nachvollziehen.
Völlig unverständlich bleibt bei dieser Bewertung auch, warum dann vergleichbare Erkerfassaden unter Denkmalschutz stehen (Lattenkamp und Hufnertwiete von Ernst H. Dorendorf, Bundesstraße/Heymannstraße von Richard Laage). Es handelt sich hierbei also nicht um „herausragende Architektur“? Für die aufwendig aufgemauerten trapezförmigen Söller im Chapeaurouge- und Curtiusweg sind uns bisher keine direkten ikonographischen Parallelen bekannt.

3. Kriterium der Originalsubstanz:

Das Denkmalschutzamt lehne – so geäußert gegenüber Axel Tiedemann, Hamburger Abendblatt vom 15./16.11.2014, S. 12 – den Denkmalschutz ab, „weil zu viel schon an dem Gebäude vom Originalzustand verändert worden sei.

Zum einen wird hier nicht differenziert zwischen der Nord- und der Südhälfte der Wohnanlage unterschieden, zum anderen handelt es sich wiederum um kein Denkmalkriterium im Sinne des DSchG. Zudem liegen dem Denkmalschutzamt für Elisa keinerlei Unterlagen aus der Zeit vor 1949 vor; die ursprüngliche architektonische Gestaltung der Wohnanlage ist dem Amt also nicht bekannt. Die Bombenschäden aus der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 definiert die Kulturbehörde demnach – sehr befremdlich – als ‚Veränderungen des Originalzustands‚.
Genau hier liegt aber das Problem. Weite Teile von Hamburgs Osten, etwa 96 Prozent von Hamm, wurden im zweiten Weltkrieg zerstört. Wendet man allein das Kriterium der Originalsubstanz als alleinige Messlatte an, dann errichtet das Denkmalschutzamt Barrieren, die Hamburgs Osten nicht überwinden kann. Tatsächlich hat dieser museale Ansatz dazu geführt, dass der im Krieg weitgehend vernichtete Osten Hamburgs im Denkmalschutz deutlich unterrepräsentiert ist. Um nicht zu sagen: Durch dieses Kriterium wird Hamburgs Osten durch das Denkmalschutzamt offensichtlich diskriminiert.

Baudenkmäler HH Detail 1

Hamburgs vergessener Osten: Kartierung der Hamburger Baudenkmäler (Quelle: Geo-Online HH www.geoportal-hamburg.de/Geoportal/geo-online/index.htm)

Gerade angesichts der zum Teil großflächigen Zerstörungen gilt es, die inzwischen wenigen erhaltenen, ungedämmten Backsteinbauten im Osten Hamburgs zu schützen, gerade hier identitätsstiftende Architektur für die jetzigen und auch für die zukünftigen Bewohner zu erhalten. Zugegeben: Wer hier ein verstaubtes Museumsstück vorzufinden hofft, wird sicherlich enttäuscht.
Vielmehr stellt die Wohnanlage am Elisabethgehölz für die Bauleistungen der Weimarer Republik, den Wahnsinn des Nationalsozialismus sowie die Wiederaufbauleistung nach dem Krieg ein lebendiges Stück Zeitgeschichte sowie einen unverzichtbaren Zeugen für die Geschichte des Stadtteils Hamm, ja des gesamten Hamburger Ostens dar; und auch – und hier kommt die aktuelle Zeitgeschichte hinzu – um ein Monument zivilgesellschaftlichen Widerstands, für den Erhalt und gegen den Ausverkauf von Hamburgs baukulturellem Erbe.